Druckeigenspannungen sicher einbringen – ECOsense Technologie ermöglicht prozesssicheres Festwalzen
Die Lebensdauer von dynamisch belasteten Bauteilen wird durch den Einsatz der mechanischen Oberflächenbearbeitung verbessert (siehe auch "Einführung in die mechanische Oberflächenbearbeitung durch Glatt- und Festwalzen"). Die Methode der Wahl ist hier häufig das Festwalzen. Dieser Prozess führt nicht nur zu einer Verfestigung des Werkstoffs, sondern es werden zusätzlich auch Druckeigenspannungen in das Bauteil eingebracht. Eigenspannungen sind Spannungen, die auch dann vorhanden sind, wenn keine äußeren Lasten anliegen. Sie wirken der Rissausbreitung entgegen, so dass sich beispielsweise Mikrorisse in einem Bauteil weniger schnell ausbreiten oder auch erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen.
Was für die Performance des Bauteils positiv ist, ist allerdings für die Fertigung und insbesondere für die Qualitätssicherung (QS) eine Herausforderung, denn Eigenspannungstiefenverläufe können nur zerstörend gemessen werden. Das passiert in der Regel über den Abtrag von Material (z.B. mit der Bohrlochmethode) oder direkt durch die Messung des Kristallgitterabstands mithilfe der Röntgendiffraktometrie und schrittweisem Materialabtrag (siehe auch "Eigenspannungsentstehung beim Festwalzen").
Das stellt gerade die QS vor große Herausforderungen, da eine essenzielle Eigenschaft des Bauteils nicht gemessen werden kann. Glücklicherweise ist der Festwalzprozess ein sehr reproduzierbarer Prozess, der insbesondere durch die Walzkontaktgeometrie und die verwendete Walzkraft beeinflusst wird. Walzt man also mit dem richtigen Walzkörper, kann die Walzkraft als Kontrollgröße herangezogen werden.
Einflussgrößen auf die Walzkraft beim Festwalzen
Bei hydrostatischen Walzwerkzeugen wird eine Hydraulik verwendet, um die Walzkugel auf die Oberfläche zu pressen. Das ist ein kraftgesteuerter Prozess und daher für das Festwalzen optimal geeignet. Bei mechanischen Werkzeugen hingegen gibt es einige andere Einflussgrößen, die zu Abweichungen in der Walzkraft führen können.
Bei diesem Werkzeugtyp wird eine Walzrolle über eine Feder auf die Oberfläche gepresst. Die Auslenkung der Feder und damit die Walzkraft wird über die Zustellung des Werkzeugs durch die Werkzeugmaschine eingestellt. Das bedeutet, dass sich Fehler in den Einstellparametern der Werkzeuge, Werkzeugverschleiß oder auch Formabweichungen des Bauteils direkt auf die Walzkraft auswirken können. Wird beispielsweise das Zerspanwerkzeug falsch eingemessen, stimmt der Bearbeitungsdurchmesser nicht mehr, und es wird zu viel oder zu wenig Walzkraft erzeugt, nur weil sich die Federauslenkung im Werkzeug ändert. Einen ähnlichen Effekt kann auch der Verschleiß des Drehmeißels haben. Es entsteht durch das Walzen dessen ungeachtet eine saubere, glatte Oberfläche, obwohl der Durchmesser abweicht und die Walzkraft nicht mehr stimmt.
Durch die Digitalisierung der Festwalzwerkzeuge wird jeder Prozess dokumentiert
Wie beschrieben, ist die Walzkraft die wichtigste Stellgröße zum Einstellen der Druckeigenspannungen. Mit der entwickelten ECOsense-Technologie kann nun auch bei jedem mechanischen Festwalzwerkzeug die Walzkraft erhoben werden. Bei der ECOsense-Technologie handelt es sich um eine kleine Messbox, die in der Lage ist, die Federauslenkung direkt in eine Walzkraft umzurechnen, diese zu dokumentieren und per Bluetooth an eine weiterführende Einheit zu übertragen.
Damit bietet ECOsense im Grunde eine Prozessüberwachung speziell für die Anforderungen des Festwalzens. In der Vergangenheit wurden hierzu meist Systeme aus der Zerspanung verwendet. Diese sind in der Regel völlig überdimensioniert und damit preislich uninteressant für diesen Anwendungsfall.
Damit die ECOsense-Daten weiterverarbeitet werden können, besteht die Möglichkeit, diese auf ein externes Gerät zu übertragen. Dies geschieht über eine Bluetooth-Verbindung, wodurch eine sichere 1-zu-1 Kommunikation möglich ist. Es können also keine zusätzlichen Geräte parallel auf die verschlüsselten Daten zugreifen.
Für die Verarbeitung der Daten stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen kann eine einfache Android-App verwendet werden, mit der die Walzkraft live angezeigt werden kann. Es können PDF-Protokolle zu jedem Prozess erstellt und die Walzkräfte mit verschiedenen Methoden in Grenzen überwacht werden.
Zum anderen besteht auch die Möglichkeit, ECOsense über ein Gateway direkt mit der Maschine zu verbinden. In diesem Fall können die Daten von der Maschine verarbeitet oder über ein Netzwerk im Unternehmen geteilt werden. Somit haben alle relevanten Stakeholder Zugriff auf die Informationen, und es können automatisch Ablagen für die Protokolle erstellt werden.