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Glattwalzen im Presswerk


Entwurf einer automatisierten Prozesskette

Das erste, was wir von einem Fahrzeug sehen, ist die Karosserie. Unabhängig von der Antriebsart ist sie immer vorhanden und ein entscheidendes Designmerkmal der Automobilhersteller. Das Design eines Fahrzeugs ist Markenbotschaft und Verkaufsargument in einem und ein wesentlicher USP eines jeden einzelnen Herstellers. Weltweit werden ca. 80 Mio. Fahrzeuge im Jahr produziert. Jedes dieser Fahrzeuge besteht aus einer Karosserie mit ca. 300 Teilen. Jedes Teil wiederum wird mit Hilfe mehrerer Press- und Tiefziehwerkzeuge hergestellt. Einer dieser einzigartigen Werkzeugsätze je Fahrzeugtyp kann deshalb auch mal eben für bis zu 150 Mio. € ins Gewicht fallen. 

Da diese Investitionen so hoch sind, existiert meistens nur ein einziger Satz Werkzeuge für den gesamten Produktionszeitraum einer Fahrzeugreihe. Die Werkzeuge müssen also während der Produktion adaptiert und repariert werden, wodurch weitere zusätzliche direkte und indirekte Kosten entstehen.


Die ECOROLL AG hat gemeinsam mit Picum MT auf der VDI Tagung „Innovative Blechbearbeitung 2025“ die Idee einer neuartigen und innovativen Prozesskette für diese Reparaturen vorgestellt.

Vorort-Reparatur verkürzt die Durchlaufzeit

Üblicherweise muss für die Reparatur eines Werkzeugs dieses aus dem Presswerk herausgenommen werden. Es muss in den Werkzeugbau geliefert und dann dort repariert werden. Gemäß den Zahlen von Dr.-Ing. Dominik Brouwer, Geschäftsführer von Picum MT, kann eine solche Reparatur bis zu ca. 110 Tagen dauern. In dieser Zeit kann das Werkzeug nicht produzieren, und da es das einzige Werkzeug für diesen Fahrzeugtyp ist, können keine Karosserieteile hergestellt werden. 

Mit dem Prinzip einer mobilen Werkzeugmaschine adressiert Picum bereits heute diese Herausforderung. Dadurch dass diese Maschine zum Werkzeug ins Presswerk geliefert wird, entfallen lange Transportzeiten und die Reparatur kann vor Ort wesentlich schneller erfolgen. In einem Kundenbeispiel von Picum lag die Durchlaufzeit bis zum produktiven Wiedereinsatz des Werkzeugs bei ca. 35 Tagen; also eine Durchlaufzeitreduktion von ca. 75 Tagen und damit eine Kosteneinsparung von konservativ ca. 50%.


Ein weiterer wesentlicher Kostentreiber bei der Reparatur von Tiefziehwerkzeugen ist das Finishen der Oberfläche. Üblicherweise passiert dies in einem manuellen Polierprozess, welcher zeit- und kostenintensiv ist. Gemeinsam mit Picum hat die ECOROLL AG in diesem Zusammenhang bereits den Einsatz des Glattwalzens und des Machine Hammer Peenings getestet. Die Werkzeuge können in die bestehenden Picum-Maschinen integriert werden und ermöglichen so eine automatische Finishbearbeitung direkt im Presswerk.

Glattwalzen als Alternative zum manuellen Polieren

Beim Glattwalzen von Freiformflächen wird ein hydrostatisches Glattwalzwerkzeug vom Typ HG genutzt. Bei diesen Werkzeugen wird eine Walzkugel auf einer Kugelhälfte mit einem Hydraulikmedium und einem Druck von bis zu 600 bar beaufschlagt. Durch die hydrostatische Lagerung der Kugel auf dem Walzmedium kann sich die Kugel frei in alle Richtungen bewegen. Über eine abzeilende Bearbeitung wird dann die gesamte Fläche glattgewalzt. 

Das Ergebnis ist - wie bei allen Glattwalzprozessen - eine deutliche Reduktion der Oberflächenrauheit. Gleichzeitig wird die Oberfläche durch Kaltverfestigungen in der Randzone härter, und es werden hohe Druckeigenspannungen eingebracht.


Beispielsweise konnte bei einem Schneidwerkzeug aus einem üblichen Werkstoff 1.2358 mit einer Härte von 56 HRC die manuelle Polierzeit deutlich gesenkt werden, indem das Werkzeug vollautomatisch auf einer Werkzeugmaschine durch Glattwalzen gefinished wurde. 

Für den Glattwalzprozess wurde ein HG6-Werkzeug verwendet, mit dem das Polieren in diesem Fall vollständig substituiert werden konnte. Mit einer Oberflächenrauheit nach dem Glattwalzen von Rz = 1,4 µm wurde eine ausreichend gute Oberfläche erzeugt, die auch im Schnittprozess keine Qualitätsunterschiede zum manuell polierten Werkzeug gezeigt hat. 

Neben der höheren Reproduzierbarkeit durch das Glattwalzen ist vor allem aber die deutlich geringere Bearbeitungszeit hervorzuheben. Durch den vollautomatischen Glattwalzprozess konnte die Bearbeitungszeit um 95% reduziert werden und betrug nur noch wenige Minuten; und nicht wie zuvor mehrere Stunden. 

Innovative Prozesskette zur Reparatur von Werkzeugen

Die beiden gezeigten Technologien ergeben kombiniert eine vollkommen neuartige und innovative Prozesskette für die Reparatur von Presswerkzeugen. Durch die lokale Reparatur im Presswerk können Durchlaufzeiten und Produktionsausfallzeiten wesentlich reduziert werden. 

Das mobile Bearbeitungssystem der Picum MT bringt die Maschine zum Werkstück und verkürzt somit signifikant die gesamten Durchlaufzeiten für die Reparatur. Kombiniert mit der innovativen mechanischen Oberflächenbearbeitung kann dabei auch der aufwändige und teure Prozess des Finishens automatisiert werden, so dass insgesamt die Kosten für die Reparatur der Werkzeuge mehr als halbiert werden können.