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Zylinderrohrbearbeitung durch Schäl-Glattwalzen


Das Schäl-Glattwalzen ist ein sehr spezieller Prozess, der ursprünglich für eine wirtschaftliche Herstellung von Rohren zur Anwendung in Hydraulikzylindern entwickelt wurde. Heute sind aber auch verschiedene andere Anwendungen denkbar, in denen es auf eine besonders glatte Oberfläche in Bohrungen ankommt.  

Um die Wirtschaftlichkeit des Walzens zu erhöhen, wird zunehmend eine Kombination des Glatt- oder Festwalzens mit  bestehenden Zerspanprozessen angestrebt. Der Glatt- oder Festwalzprozess ist ja ein zusätzlicher Prozessschritt, der die Prozesskette verlängert und so erstmal die Produktivität reduziert. In hybrider oder auch prozessualer Kombination mit dem Zerspanprozess ist allerdings in der Regel eine deutlich höhere Produktivität möglich.  

Einer dieser Kombinationsprozesse ist das sogenannte Schäl-Glattwalzen. Dabei wird der Zerspanprozess „Schälen“ mit dem Glattwalzen in einem Werkzeug kombiniert. Das ist insbesondere in der Hydraulikzylinderfertigung von Vorteil. Hydraulikzylinder sind sehr vielfältige Bauteile, die in unterschiedlichen Anwendungen genutzt werden, um hohe Kräfte zu erzeugen. Sie finden ihren Einsatz in Bau- oder Agrarmaschinen, bei Pressen oder auch Hebeanlagen sowie natürlich im Allgemeinen Maschinen- und Anlagenbau. Ein Hydraulikzylinder ist damit ein elementares Bauteil im Maschinenbau, um mit wenig Energieaufwand hohe Kräfte zu erzeugen.


Diese Zylinder haben daher einige sehr wichtige funktionale Anforderungen, die im Fertigungsprozess erreicht werden müssen. Zunächst muss die geometrische Qualität sehr gut sein, wie die Form- und Lage-, sowie Maßtoleranzen. Gerade im Zylinder-Kolbenkontakt darf das Medium nicht am Kolben vorbeiströmen und so zu Kraft- bzw. Wirkungsgradverlusten führen. 

Außerdem ist die Reibung sehr wichtig. Der Kolben soll sich leicht und kontinuierlich, das heißt ohne Stick-Slip-Effekt bewegen, wofür die Oberflächen reibungsoptimiert sein müssen. Es werden also sehr spezielle Anforderungen an die Oberflächenqualität gestellt. 

Darüber hinaus sind Zylinder aber auch ein Massenprodukt und müssen wirtschaftlich und vor allem produktiv hergestellt werden. Die qualitativen Anforderungen wurden in der Vergangenheit durch Honen erreicht. Dieses Verfahren bietet eine sehr gute Bauteilqualität, die Rundheit ist optimal und auch die Durchmesserabweichungen innerhalb des Rohrs sind extrem klein. Gleichzeitig weiß man aus dem Verbrennungsmotor, dass die Oberflächenstruktur durch Honen sehr gut für Reibungsbelastungen geeignet ist. In den Honriefen kann sich Medium sammeln und für den Reibkontakt bereitgestellt werden.

Der Schäl-Glattwalzprozess als wirtschaftliche Alternative

Das Werkzeug für das Schäl-Glattwalzen besteht aus zwei bzw. drei Stufen, die hintereinander angeordnet sind. Die erste Stufe ist das Aufbohren mit dem Aufbohrkopf. Dies geschieht meistens als zusätzlicher Prozess mit einem separaten Werkzeug, kann aber auch mit in den Prozess integriert werden. Als nächstes folgt dann die Schälstufe. Hierbei wird der Durchmesser durch einen Innenschälprozess sicher und sehr produktiv erzeugt. Durch die Anordnung von zwei oder drei Schälmessern verteilt auf den Umfang und die minimalen Schnitttiefen beim Schälen können extrem hohe Vorschübe von bis zu 3 mm pro Umdrehung ermöglicht werden. Die Schälmesser sind dabei nach dem OMEGA Prinzip angeordnet, bei dem sich die Schälmesser gegenseitig beeinflussen. Sie schwimmen also im Schälkopf und erzeugen so eine sehr gleichmäßige Form. Allerdings folgen sie der Bohrung, wodurch Bohrverläufe aus dem Vorprozess nicht nachhaltig beeinflusst werden können.


Als Drittes folgt dann die Walzstufe. Hier sind auf dem Umfang mehrere Walzrollen angeordnet, die die restliche Oberflächenrauheit des Schälens minimieren und plastisch umformen, wie es für den Glattwalzprozess üblich ist. So entsteht eine sehr glatte Oberflächenstruktur über die gesamte Rohrlänge.  

Die Werkzeuge werden auf Tiefbohrmaschinen eingesetzt und sind über das Bohrrohr mit der Maschine verbunden. Bearbeitungslängen von mehreren Metern sind daher keine Herausforderung für den Prozess. Beim Prozess selbst rotiert entweder das Bauteil, das Werkzeug oder eben beides gegeneinander. Dies ist abhängig von der Maschine und dem Bearbeitungskonzept.  

Die Prozesseinstellgrößen beider Prozesse (Schälen und Walzen) sind sehr ähnlich. Die Schnitt- bzw. Walzgeschwindigkeiten und die Vorschübe liegen in einem ähnlichen Bereich und können daher optimal kombiniert werden. Ein besonderer Vorteil liegt im Vorschub. Dieser kann eben bei beiden Prozessen bis zu 3 mm pro Umdrehung betragen. Kombiniert mit einer Schnittgeschwindigkeit von 200 m/min können so meterlange Rohre in wenigen Minuten bearbeitet werden. Gegenüber dem mehrstündigen Honen ist das eine enorme Zeitersparnis.  

Schäl-Glattwalzen erzeugt die perfekte Oberfläche für Hydraulikzylinder


VIDEO - Zylinderrohrbearbeitung durch Schäl-Glattwalzen